Crossmedia June 25, 1999
"Resocycling", a projekt of Caritas Sozialprojekt Hartlauerhof and Kunst and Kultur, Pro Mente Oberösterreich as part of "Randzonen" Festival der Regionen OÖ 25.6. - 4.7.1999.
Resocycling thematisierte Ränder auf zweifacher Ebene: der sozialen und der geographischen. Die Partnerschaft beider Sozialeinrichtungen, Projektidee und - ziele ergaben sich aufgrund ähnlicher Ziele und Visionen der Institutionen Caritas und Pro Mente und durch die Tatsache, daß beide Ihre alltägliche Arbeit sogenannten gesellschaftlichen Randgruppen widmen. Die Realität, daß der Hartlauerhof in Asten liegt, Asten seinerseits geographischer Rand zum Zentrum Linz ist - mit ökologischen und sozialen Auswirkungen, ein Ort dessen Infrastruktur eindeutig auf die Bedürfnisse der Metropole zugeschnitten ist: ein ausgebautes, hochfrequentiertes Verkehrsnetz, großstädtischer Wohnungsbau, der die ursprüngliche dörfliche Struktur völlig überlagert, eine Mülldeponie, die den Großstadtmüll aufnimmt, eine Abfallsortieranlage oder die gewissermaßen als Linzer Randbemerkung aufzufassende Außenstelle der Strafvollzugsanstalt. Die Arbeitsperspektive war, Rand nicht a priori als Negativum zu begreifen, sondern seine Licht- und Schattenseiten aufzuspüren. Projektziele waren, dem Rand zentrale Aufmerksamkeit zu geben, in Begegnung und Auseinandersetzung über kommunikative und kreative Prozesse sollten Begriffe wie Wertlosigkeit/Verwertbarkeit, Rand/Zentrum neu überdacht werden. Der Projekttitel "Resocycling" läßt die sozial und geographisch/ökologische Betrachtungsweise bereits anklingen. Vier externe Künstler - Ulrike Schörkel, Ella Raidel, Wolfgang Fadi Dorninger und Chris Wessels - wurden eingeladen, sich innerhalb ihrer unterschiedlichen Kunstmedien mit den Randphänomenen auseinanderzusetzen: Für die Entwicklung ihrer Arbeiten war es unabdingbar, den Dialog und die Mitarbeit zu suchen, einerseits mit den Klienten der beiden Einrichtungen, andererseits mit der Bevölkerung von Asten.
Einschneidende Veränderungen in das Leben der Astener wurden durch politische Vorgaben und technische Eingriffe von Außen bestimmt. Mein Auftrag lautete: Komponiere ein Musikstück über Asten und skizziere den geographischen Rand. Asten bietet gute Rohmaterialien für den Klangforscher: Hauptverkehrswege (Westbahn, Westautobahn, Einflugschneise), Kläranlage, Donaukraftwerk, Mülldeponie, Müllsortieranlage, Gefängnis, Menschen in Neubauten, Au- und Schilflandschaften und Badeseen. Die meisten Orte schließen den Menschen aus: Betreten verboten. Die Menschen sind hilfsbereit, freundlich und manchmal auch neugierig. "Für was soll das gut sein?" steht in ihre Gesichter geschrieben. Dabei kennen die wenigsten Astener ihren Ort. 6000 Neu-Astener genießen die Nähe zu Linz, beteiligen sich aber kaum am kulturellen Leben, kommen, wie es scheint, bloß zum schlafen. Rundum diese Schlafstätten reihen sich ein künstlicher Berg aus Müll, Bauern- und Auland. Asten klingt gut, diese Geräusche werden aber in den meisten Fällen kaum wahrgenommen. Durch gezielte Verstärkung wurden diese Elemente hörbar gemacht und als Teil eines Musikstückes recycled.
Acht Bilder: Das Stück beginnt auf einer Wiese, es ist Bauern- und Auland, eine Idylle aus purer Natur. Die Eingriffe des Menschen sind spärlich. Der erste große Eingriff: die Eisenbahn. Die Ereignisse in Asten beschleunigen sich. Die akustischen Muster werden immer sonderbarer. Die Ästhetik ändert sich. Industrielle Produktion schafft neue Ereignisse Produkte, Unfälle und Abfälle. Nicht nur im Konsum, sondern auch im Leben. Das Stück endet in der Jetztzeit. Drei Aufführung des Musikstückes fanden im Hartlauerhof, zwei am Marktplatz von Asten statt.
1.Bild "Idylle" Geschichte: Das ursprüngliche Asten mit seinen 600 Bewohnern lebte von Landwirtschaft, Fischfang und Schiffahrt. Tonaufnahmen: Hohenlohe-Ausee, Schilflandschaft, Gabelung Ipfbach und Mitterwasser. Wasserplätschern des Ipfbaches bei den Schrebergärten (Fisching)/Brücke.
2.Bild "Sissi Bahn" Geschichte: Die heutige Westbahn verband auf Geheiß des bayrischen Königs München mit Wien. Mit der Sissy-Bahn hielt Mitte des 19. Jahrhunderts die industrielle Revolution Einzug in Asten. Tonaufnahmen: Au, Dampflok (Archiv), Zug: Intercity aufgenommen bei den Schrebergärten, Güterwaggons in der Nähe des Astner Bahnhofs)
3.Bild "1938" Tonaufnahmen: keine Geschichte: Das Umsiedelungslager Heinrichsdorf, benannt nach Heinrich Himmler veränderte erstmals die dörfliche Struktur Astens. Mehr als 3000 Menschen lebten im Lager, wo es eine Post, Schule und eigene Gemeindeverwaltung gab. Nach dem Krieg wurde das Lager weitergeführt, um Vertriebenen kurzfristig Platz zu geben. 1963 wurde das Lager zu einer Außenstelle des landesgerichtlichen Gefangenenhauses Linz umgewidmet.
4.Bild "Autobahn" Tonaufnahmen: Westautobahn von der Autobahnbrücke Tillysburger Straße in der Stoßzeit und neuem Straßenbelag. Geschichte: Asten vereint drei der wichtigsten Verkehrsrouten Österreichs auf seinem Gemeindegebiet. Die Westbahn, die Einflugschneise nach Wien und die Westautobahn.
5.Bild "Mülldeponie" Tonaufnahmen: keine Geschichte: Die Linzer haben es gut, ihr Müll landet in Asten. Es werden Unsummen für marketinggerechte Verpackungsmittel ausgegeben, Kleinbeträge für Recycling. Musik: Ein Trauermarsch für die Dummheit und den Egoismus der Menschen.
6.Bild "Donaukraftwerk" Tonaufnahmen: Die Donau bei Hochwasser (Weißwasseraufnahmen), im Bauch des Kraftwerkes. Musik: Die Donau, ein Strom im Korsett - eine kleine Melancholie.
7.Bild "Kläranlage" Tonaufnahmen: Einlauf des Hauptkanales, Rechenhaus, Vorklärbecken, Schlammpressenhaus, Maschinenraum, Heizraum, auf den Faulbehältern, ein Handy sendet Impulse (Störungen), wir hören das Handyläuten im leeren Faulbehälter, Flugzeug über Faulbehälter, die aufgeschreckten Vögel schimpfen über diese Belästigung.
8.Bild "Leben in Asten" Tonaufnahmen: Marktplatz, Brunnen am Marktplatz, lachende Menschen am Standlmarkt, Kindergarten (Kinder im Freien mit Flugzeug), spielende Kinder im Hof der Wohnanlage Eigenheimstraße.
For more information:
CD (with booklet) at base[records]
Festival der Regionen 1999
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